Widerruf von Heizöbestellungen
Risiko durch Preisschwankungen
Das Problem des unberechenbaren Marktes für Heizöl ist bekannt und reichhaltig dokumentiert. Die Preissschwankungen sind praktisch nicht vorhersehbar.
Auf die Preisentwicklung zu spekulieren ähnelt Lottospielen oder Pokern. Leute, die dies tun, sind Spekulanten. Diese haben jedoch nicht eine Flotte Tankwagen und deren Fahrer zu unterhalten. Ein seriöser Heizölhändler wird sich nicht mit Spekulationgeschäften befassen.
Abwicklung
Wenn unsere Kunden bei uns bestellen, bestellen wir sofort zum Tagespreis (dem Preis am Tag der Bestellung, nicht der am Tag der Lieferung) bei unserem Lieferanten. Nur so können wir die Lieferung zum vereinbarten Preis garantieren – unabhängig von der weiteren Preisentwicklung.
Kein Heizölhändler hat große Vorratstanks, um "billig" einkaufen und "teuer" verkaufen zu können – wir auch nicht.
Risiko fuer beide – in beide Richtungen
Dass Risiko der Preisschwankungen zwischen Bestelltag und Liefertermin ist natürlich gegeben – für beide, Kunden und Händler. Fällt der Preis, ärgern Sie als Kunde sich, dass Sie nicht später bestellt haben. Steigt er, ärgern Sie sich, dass Sie nicht früher bestellt haben. Riskiert ein Händler, ein wenig später zu bestellen, hat er bei steigenden Preisen ein Problem. Natürlich wird jeder versuchen, einen Zeitpunkt zu erwischen, an dem der Preis relativ niedrig liegt. Das Landgericht Duisburg hat die Verteilung des Risikos sehr schön zusammengefasst:
(…) In einem solchen Fall übernehmen beide Parteien das Risiko, dass sich ihre Einschätzung nachträglich als fehlerhaft erweist.
Landgericht Duisburg, Az 6 O 408/06 v. 22.05.2007 PDF, 320 kB
Wir liefern in jedem Fall zum vereinbarten Preis.
Preis gefallen – schnell abbestellen?
Je heftiger die Preisschwankungen für Heizöl, desto mehr vermeintlich pfiffige Zeitgenossen kommen auf die Idee, bei fallenden Preisen die Bestellung wieder rückgängig zu machen und schnell woanders zu bestellen. Sie versuchen also, aus einem rechtsgültig geschlossenen Kaufvertrag wieder herauszukommen. Das funktioniert nicht. Dazu ein Urteil des Amtsgerichts St. Wendel.
Wir kaufen ein, wenn Sie bestellen. Wir müssen die von Ihnen bestellte Menge in jedem Fall bei unserem Lieferanten abnehmen. Würden wir eine Stornierung akzeptieren, hätten wir das Heizöl trotzdem in unseren Tankwagen. Natürlich gelingt es fast immer, es anderweitig wieder zu verkaufen – aber nur zum "neuen" Tagespreis. Der kann sehr anders liegen. Wenn uns durch eine solche Abbestellung ein Schaden entsteht, dann hätten wir den gerne ersetzt. Das ist völlig normal und in allen Branchen üblich.
Gründe für den Versuch der Abbestellung
Beispielhaft seien hier einige Versuche genannt, verschiedene Rechtsgrundlagen dazu zu mißbrauchen, aus einem Kaufvertrag wieder "auszusteigen".
- Irrtum nach § 119 BGB
-
Hier wird versucht, zu argumentieren, man sei sich über
den Preisverlauf auf dem Heizölmarkt nicht im Klaren
gewesen. Erstens ist dieser Paragraph dazu nicht gedacht,
zweitens kann niemand den Preisverlauf zuverlässig
vorhersagen. Ginge dies, wäre das Leben ein Stück
einfacher – für alle Beteiligten. Dazu sagte
das Landgericht Duisburg:
Das Risiko, dass sich die Einschätzung nachträglich als fehlerhaft erweist, war dem Kaufvertrag wegen der Eigenart der Ware immanent und ist von beiden Parteien gleichermassen zu tragen.
Landgericht Duisburg, Az 6 O 408/06 v. 22.05.2007 PDF, 320 kB - Haustürgeschäfte
- Es wird auch gelegentlich versucht, die besonderen Widerrufsregeln bei Haustürgeschäften heranzuziehen. Das kann schon deshalb nicht funktionieren, weil Heizöl nicht an der Haustür verkauft wird. Der Vertrag kommt durch die aktive Anfrage eines Kunden, das Angebot des Händlers, und die daraus resultierende Bestellung zustande. Auch die seltenen Ausnahmen sind keine Haustürgeschäfte.
- Fernabsatzgesetz gemäss § 312 b Abs.1 BGB
-
Es ist zwar richtig, dass telefonisch, per Fax oder im Internet
abgeschlossene Verträge den besonderen Regeln des Fernabsatzgesetzes
unterliegen.
Aber zum Widerrufsrecht steht im Gesetz:
Das Widerrufsrecht besteht (…) nicht bei Fernabsatzverträgen, die die Lieferung von Waren (…) zum Gegenstand haben, deren Preis auf dem Finanzmarkt Schwankungen unterliegt, auf die der Unternahmer keinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können (…).
Der Paragraph enthält zwar eine Aufzählung, in der Öl nicht genannt ist, aber das hat keine Bedeutung, wie auch das Landgericht Duisburg klar formulierte:
Auszug aus § 312 d BGB(…) die Aufzählung ist aber gerade nicht abschließend. Zu der in der Vorschrift genannten Waren gehören auch die an Börsen gehandelten Rohstoffe.
Landgericht Duisburg, Az 6 O 408/06 v. 22.05.2007 PDF, 320 kB - Unmöglichkeit der Abnahme nach § 275 BGB
-
Dieser Paragraph lässt sich in dem lebensnahen Satz "Was nicht
geht, das geht nicht." zusammenfassen. Für solche Fälle
ist er auch gedacht. Wer allerdings argumentiert, die Abnahme des
bestellten Heizöls sei schlicht nicht möglich, da die
Tanks schon voll sind (schließlich wurde ja – ganz clever
– woanders billiger bestellt), der irrt:
Die Abnahme ist nicht tatsächlich unmöglich, denn der Beklagte ist auch, wenn seine Öltanks voll sind, in der Lage neue Tanks (…) zu erwerben.
Das klingt brutal, aber die Begründung ist logisch. Dies sei zumutbar,
Landgericht Duisburg, Az 6 O 408/06 v. 22.05.2007 PDF, 320 kB(…) gerade weil der Beklagte durch die anderweitige Bestellung den Aufwand selbst verursacht hat (…).
Landgericht Duisburg, Az 6 O 408/06 v. 22.05.2007 PDF, 320 kB - Abbestellung wegen "zu langer Lieferzeit"
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Es liegt auch in der Natur der Sache auf dem Ölmarkt, dass nicht nur der Preis, sondern auch die kurzfristig verfügbaren Mengen schwanken. Wenn wir genaue Liefertermine zusagen können, tun wir das. Wenn nicht, nennen wir Zeiträume, die dann später im gegenseitigen Einvernehmen genauer definiert werden. Wer erst eine Lieferzeit von mehreren Wochen akzeptiert, und sie später reklamiert, kommt damit nicht weit.
Hier geht es keinesfalls darum, Kunden im Extremfall mit ihrem leerem Tank alleine zu lassen. Für dieses Problem haben wir immer eine Lösung gefunden. Das soll auch so bleiben. Wir haben noch nie einen unserer Kunden erfrieren lassen. Abbestellungen wegen fallender Preise sind aber eine andere Sache. Dagegen müssen wir uns wehren.
- Anfechtung der Existenz des Kaufvertrags
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Manchmal kommt das Argument, man habe doch nur telefoniert. Es sei doch gar kein schriftlicher Vertrag zustande gekommen. Es ist erstaunlich, aber einige Menschen wissen es immer noch nicht: Ein Vertrag ist nicht von der Schriftform abhängig.
Ein Vertrag besteht aus mindestens zwei Willenserklärungen, unabhängig von der Form. "Liefere mir bitte X Liter Heizöl zu Preis Y nach Z." – "OK, das liefere ich Dir so.". Fertig ist der rechtsgültige Vertrag, sei er telefonisch, per Mail oder zwischen zwei Bieren an der Theke abgeschlossen worden. Man kann ihn schriftlich bestätigen, notfalls auf Bierdeckeln an der Theke[1], aber zwingend notwendig ist das nicht.
Es gibt sogar Menschen, denen sich die simple Logik, dass eine "Abbestellung" oder "Stornierung" eine "Bestellung" voraussetzt, nicht erschliesst. Ohne Bestellung keine Abbestellung. Gerade mit der "Abbestellung" wird die Existenz eines vorher geschlossenen Vertrages nochmals anerkannt.
Spekulation
Gelegentlich wird uns unterstellt, wir würden mit den Preisschwankungen spekulieren. Wie schon oben erwähnt: Das ist nicht unser Geschäft. Wäre es dies, könnten Sie bei uns kein Heizöl bestellen, weil für Spekulationsgeschäfte ein Schreibtisch und ein PC völlig ausreichen. Tankwagen und Fahrer braucht man dafür nicht. Im Gegenteil: Die stören dann nur.
Fazit
Es wird auf absehbare Zeit so bleiben: Sie als Kunde bestellen Heizöl, wenn sie vermuten, dass die Preise vorläufig nicht fallen. Wenn Sie falsch liegen, haben Sie Pech gehabt. Das ist lebensimmanent und nicht zu ändern. Vor allem wir als Händler können Sie nicht gegen dieses Pech absichern. Umgekehrt gilt auch: Wenn Sie richtig lagen, und die Preise nach Ihrer Bestellung kräftig steigen, können Sie sich freuen. Das ist genauso lebensimmanent und wird landläufig "Glück" genannt. Wir gönnen es Ihnen.
Auf die Preise selbst haben weder Sie als Kunde noch wir als Händler auch nur den geringsten Einfluß. Wer glaubt, ein Heizölhändler spiele eine nennenswerte Rolle auf dem Ölmarkt, möge den Versuch wagen, bei einem Mineralölkonzern einen erwähnenswerten Preisnachlass auszuhandeln.
Wir helfen unseren Kunden, wo immer wir können. Das geht nur auf der Basis einer fairen Zusammenarbeit. So wollen wir es auch weiter halten. Wenn Sie irgendein Problem haben, sagen Sie es uns.
Im Interesse der grossen, fairen Mehrheit unserer Kunden sehen wir uns ausserstande, den Schaden zu finanzieren, der uns durch Abbestellungen einiger Weniger entsteht.
Per Bestellung und Abbestellung bei Heizölhändlern Spekulationsgewinne zu erzielen, ist nicht möglich. Aber bitte, sehen Sie das positiv: Verluste sind auch nicht möglich – jedenfalls nicht bei uns. Auch wenn die Preise seit Ihrer Bestellung gestiegen sind: Wir liefern zum vereinbarten Preis. Immer.
1 Das klingt sehr theoretisch, ist es aber nicht. Es gab in den siebziger Jahren mal einen Vertrag über den Wechsel eines Bundesligaprofis, der unter konspirativen Umständen an einer Autobahn-Raststätte geschlossen wurde – auf Papierservietten. Er wurde später wegen dieser Form angefochten. Vergeblich. Er war gültig.