Die Fütterung der Junghennen und Junghähne
Unterschiede bei der Futterwahl
Es ist eine bewährte Praxis für die Aufzucht des Geflügel und zur Ausstellungsvorbereitung verschiedene Futtermittel einzusetzen. Es stehen heute eine Vielzahl verschiedener Futtermittel zur Verfügung. Da sind zum einen die klassischen Aufzuchtfutter für die Kükenaufzucht und für Junghennen des Wirtschaftsgeflügel und neben der großen Anzahl an Ergänzungsfuttermitteln wie z.B. Mineralstoff-, Vitamin- oder Aminosäurenprodukte oder auch Grünfutter, Küchenabfälle oder Möhren, spezielle Aufzuchtfutter für Rassegeflügel.
Der Züchter steht nun vor der Frage, welche Futter er für seine Tiere am besten und wann einsetzen soll? Um der Antwort zu dieser Frage näher zu kommen, werden die wesentlichen Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten, der klassischen Aufzuchtfutter für Wirtschaftsgeflügel und der speziellen für Rassegeflügel dargestellt. Der Übersichtlichkeit halber beschränkt sich der Vergleich auf die erstrangigen Inhalts- und Zusatzstoffe, die für die Qualität und Unterschiede entscheidend sind.
Energie-, Eiweiß- und Aminosäurengehalt.
In Tabelle 1 sind der Energie- (MJ ME / kg = Megajoule umsetzbare Energie pro kg Futter), der Roheiweiß- und Methioningehalt (in %) verschiedener Futtermittel dargestellt. Weitere Aminosäuren wie Lysin, Threonin, Tryptophan u.a. sollten in der Optimierung der Futtermittel berücksichtigt werden.
Tabelle 1:
Wertbestimmende Inhaltsstoffe verschiedener Futtermittel zur Kükenaufzucht und Aufzucht von Junghennen und Hähnen.
Bezeichnung | MJ ME / kg | Roheiweiß [%] | Methionin [%] | Einsatzempfehlung |
Aufzuchtfutter Wirtschaftsgeflügel | ||||
---|---|---|---|---|
Kükenaufzucht für Wirtschaftsgeflügel | 11,5 | 18,5 | 0,40 | 1. – 8. Lebenswoche. |
Junghennenfutter für Wirtschaftsgeflügel | 11,4 | 15,5 | 0,32 | ab der 8. Lebenswoche. |
Aufzuchtfutter Rassegeflügel | ||||
Kükenstarter für Rassegeflügel | 12,0 | 21,0 | 0,48 | 1. – 3. Lebenswoche. |
Kükenaufzucht für Rassegeflügel | 11,5 | 18,5 | 0,40 | 1. – 8. Lebenswoche. Hähne bis nach Ausstellung |
Junghähnefutter für Rassegeflügel | 12,2 | 21,0 | 0,48 | ab der 8. Lebenswoche. |
Junghennenfutter für Rassegeflügel | 11,2 | 15,5 | 0,32 | ab der 8. Lebenswoche. |
Kükenstarter wie auch Junghähnefutter sind energie- und eiweißreiche Futtermittel und unterscheiden sich dadurch wesentlich von weniger intensiven Aufzuchtfuttern. Besonders der Proteinansatz und damit die körperliche Entwicklung der Rassegeflügelküken schwerer Rassen kann am besten in den ersten Lebenswochen beeinflusst werden. Besonders der Aminosäurengehalt ist wesentlich höher und im optimalen Verhältnis zum Eiweißgehalt. Neben dem Aminosäuren/Eiweißverhältnis ist das Energie/Eiweißverhältnis von großer Bedeutung für die sichere und zügige Entwicklung der Küken in den ersten Lebenswochen. Deswegen ist ein intensiver Kükenstarter für die ersten Lebenswochen empfehlenswert. Da Hähne eine "langsamere" Entwicklung wie Junghennen haben, kann die Entwicklung und das "Fertig" werden zur Ausstellung, durch intensive Futter verbessert werden. Gerade bei federreichen Rassen kann durch ein reichhaltiges Futter an Wirkstoffen und Methionin die Federbildung verbessert werden. Optimale Gesundheit und keine Futterumstellungen vorausgesetzt. Der Brut- und Schlupfzeitpunkt, ist aber immer zu berücksichtigen und früh genug zu wählen.
Bezüglich der dargestellten Inhaltsstoffe Energie, Eiweiß und Methionin unterscheiden sich die eigentlichen Kükenaufzucht- und Junghennenfutter für Rasse- oder Wirtschaftsgeflügel nicht. Dies ist für diese Futter auch nicht notwendig. Sowohl Rassegeflügel- wie auch Wirtschaftsgeflügelküken durchlaufen weitestgehend eine vergleichbare körperliche Entwicklung wodurch auch der Bedarf an Energie und Bausteinen annähernd gleich ist. Für besondere Ansprüche wie etwa große und/oder federreiche Rassen sind, wie bereits beschrieben, Kükenstarter und intensive Junghähnefutter zu empfehlen. Die persönlichen Praxiserfahrungen mit der eigenen Rasse, der Zeitpunkt des Brut- und des Ausstellungstermins sind bei der Wahl eines mehr oder weniger intensivem Aufzuchtfutter aus dem vielfältigem Angebot entscheidend.
Die Unterschiede zwischen Aufzuchtfutter für Wirtschafts- und Rassegeflügel sind durch andere Inhaltsstoffe (siehe weiter unten) begründet.
Zusatzstoffe: Vitamine, Pigmente, Kokzidiostatika
In Tabelle 2 ist als Beispiel für die Vitaminierung der Gehalt an Vitamin E (mg pro kg Futter) angegeben und zusätzlich zwei Zusatzstoffe (Pigmente, Kokzidiostatikum) für Mischfutter. Pigmente werden aufgrund der Dotterfarbe in Futtermitteln für Legehennen zugesetzt und sind aus kostengründen im klassischen Aufzuchtfutter für Wirtschaftsgeflügel nicht extra enthalten. Dagegen enthalten klassische Aufzuchtfutter zumeist ein Kokzidiostatikum zur Vorbeuge der gefürchteten Darmerkrankung.
Tabelle 2:
Wertbestimmende Inhaltsstoffe verschiedener Futtermittel zur Kükenaufzucht und Aufzucht von Junghennen und Hähnen.
Bezeichnung | Vit. E [mg] |
Pigmente | Kokzidio- statikum |
Einsatzempfehlung |
Aufzuchtfutter Wirtschaftsgeflügel | ||||
---|---|---|---|---|
Kükenaufzucht für Wirtschaftsgeflügel | 15 | -- | 4 | 1. – 8. Lebenswoche. |
Junghennenfutter für Wirtschaftsgeflügel | 15 | -- | 4 | ab der 8. Lebenswoche. |
Aufzuchtfutter Rassegeflügel | ||||
Kükenstarter für Rassegeflügel | 45 | 4 | -- | 1.– 3. Lebenswoche. |
Kükenaufzucht für Rassegeflügel | 45 | 4 | -- | 1. – 8. Lebenswoche. Hähne bis nach Ausstellung |
Junghähnefutter für Rassegeflügel | 45 | 4 | -- | ab der 8. Lebenswoche. |
Junghennenfutter für Rassegeflügel | 45 | 4 | -- | ab der 8. Lebenswoche. |
Vitamine
Betrachten wir zunächst den Vitamingehalt der Aufzuchtfutter. So ist es in der Rassegeflügelzucht das erste Ziel, gesunde und langlebige Jungtiere aufzuziehen. Dieser Anspruch gilt auch für das Wirtschaftsgeflügel, da hier ja vor allem der wirtschaftliche Aspekt im Vordergrund steht und man sich Ausfälle oder Tierarztkosten nicht leisten kann oder will. Nun muß man feststellen, dass hier die eingesetzten Elterntierstämme auf höchste Vitalität der Nachkommen (Hybriden) selektiert werden. Andererseits ist das Rassegeflügel ständig unterschiedlichsten äußeren Einflüssen ausgesetzt. So nimmt z.B. Vitamin E als Radikalfänger (Oxidationsschutz) eine besondere Schutzfunktion war. An dieser Stelle soll besonders angemerkt werden, dass durch Vitamin K3, was durch bestimmte Autoren in die Diskussion geraten ist, kein Fall von ungünstiger Beeinflussung der Gesundheit eines Tieres wissenschaftlich beschrieben worden ist, obwohl sich seit über 30 Jahren Wissenschaftler damit beschäftigen. Für den Einsatz von Vitaminen in einem Mischfutter ist neben der Wirksamkeit gerade die Haltbarkeit der einzelnen Vitamine von besonderer Bedeutung. Es nutzt keinem Rassegeflügelzüchter, wenn die Stabilität eines Vitamins zu gering ist und damit die Haltbarkeit begrenzt bzw. verkürzt wird. Vitamin K1 ist nicht nur wesentlich teurer gegenüber K3, sondern weißt auch eine wesentlich geringere Haltbarkeit auf. Gerade weil die aktive Form des Vitamin K, das Menachinon-4 (wird in der Leber aus Vitamin K1, K2 oder K3 umgebaut), eine wichtige Funktion in der Blutgerinnung einnimmt, ist es wichtig den bedarf an aktivem Vitamin K, Menachinon-4, zu decken, was bei einer geringen Stabilität unsicher wäre. Deswegen ist es notwendig und aus allen wissenschaftlichen Kenntnissen unbedenklich, Vitamin K3 einzusetzen. Es wäre an dieser Stelle zu umfangreich weitgehender auf die Wirkungen und Wirkungsweisen von Vitamin K einzugehen, was an anderer Stelle nachgeholt werden soll. Eine reichhaltige Vitaminversorgung dient der Gesundheit und Gesunderhaltung des Rassegeflügel.
Pigmente
Für eine Legehenne sind die Pigmente für die Dotterfarbe von Bedeutung. Im Aufzuchtfutter für Wirtschaftsgeflügel brauchen deswegen noch keine extra Pigmente enthalten sein, da ja noch keine Eier gelegt werden. Für das Rassegeflügelküken werden Pigmente für die Ausprägung bestimmter rassespezifischer Merkmale benötigt. Hierzu werden oft Karotten als Futter mit einem hohen Gehalt an Karotin ergänzend gefüttert. Es zeigt sich in der Fütterungspraxis, dass es für die Ausprägung einer standardgerechten Beinfarbe von Vorteil ist, wenn bereits sehr früh in der Aufzucht Pigmente gefüttert werden. Werden jedoch Karotten eingesetzt, so verändert sich die Aufnahme der Nährstoffe, das Energie/Proteinverhältnis und damit die Entwicklung der Küken bzw. Jungtiere beträchtlich. Ferner muß diese Ergänzung täglich stattfinden, jede Futterumstellung birgt die Gefahr einer schlechteren Entwicklung wie z.B. Federbildung. Immer steht jedoch die Genetik im Vordergrund. Ist die genetische Disposition, Veranlagungen nicht vorhanden werden auch Pigmente im Futter keine gute Pigmentierung erzielen. Ist die Veranlagung genetisch gegeben, werden die Tiere eine "schöne" Pigmentierung zeigen. Bei Rassen wo eine Pigmentierung nicht gewünscht ist, sollte keine Veranlagung zur Pigmentierung vorhanden sein. Wenn dem so ist, kann auch ein Futter mit hohem Pigmentgehalt gefüttert werden. Hier steht die Zuchtauswahl an erster Stelle.
Kokzidiostatika
Kokzidiostatika werden in der Regel im klassischen Aufzuchtfutter eingesetzt. Die Liste der zugelassenen und zur Verfügung stehenden Zusatzstoffe aus der Klasse der Kokzidiostatika wird in den letzten Jahren kleiner. Für die Aufzucht des Wirtschaftsgeflügel, unter standardisierten, konstanten klimatischen und hygienischen Bedingungen funktioniert dieser "Schutz" auch in der Praxis sehr gut. In der Aufzucht des Rassegflügels müssen wir jedoch leider immer wieder feststellen, dass es trotz eines Kokzidiostatikum im Aufzuchtfutter zur gefürchteten Darmerkrankung, der Kokzidiose, kommt. Gründe hierfür sind ständig wechselnde Umweltbedingungen, besondere Stresssituationen und ein auslösender hoher Infektionsdruck. Ferner ist in den betreffenden Futtern kein therapeutisch hoher Gehalt an Kokzidiostatikum enthalten, der durch das häufige Zufüttern anderer Futtermittel noch reduziert wird. Zum Schutz steht seit kurzem fürs Geflügel ein Impfstoff gegen diese Krankheit zur Verfügung. Dieser wird in der ersten Lebenswoche über das Trinkwasser geimpft. Es handelt sich um einen Lebendimpfstoff, was besonders wichtig zu beachten ist. Wenn die Impfung durchgeführt wird, was ausdrücklich empfehlenswert ist da ein sehr guter Schutz erreicht wird, darf auf keinen Fall mehr ein Futter mit einem Zusatzstoff gegen Kokzidien gefüttert werden. Andernfalls wird die gewünschte Impfwirkung (Immunität) aufgehoben. Es ist von besonderer Bedeutung darauf hinzuweisen. Bei Impfung gegen Kokzidien, kein Futter mit Kokzidiostatikum füttern! Auch wenn die Möglichkeit einer Impfung nicht gegeben ist, ist ein Futter ohne Kokzidiostatikum zu empfehlen. So können sich die Tiere bei einem geringem Infektionsdruck mit dem Parasiten auseinandersetzen und sind in der Lage eine gewisse Paramunität gegen Kokzidien aufzubauen. Kommt es durch einen hohen Infektionsdruck zu ersten Anzeichen einer Kokzidiose, muss dann mit einem geeignetem Therapeutikum behandelt werden, was, wie bereits angedeutet, auch beim Einsatz eines klassischen Aufzuchtfutter mit Kokzidiostatikum leider häufig der Fall ist.
Die Frage nach dem "richtigen" Futter kann nicht pauschal beantwortet werden. Jeder Züchter muß aus dem heute reichhaltigem Angebot das für sich und seine Ziele optimale Futter unter Betrachtung der Haltungsbedingungen, der rassespezifischen Merkmale, des Schlupf- und Ausstellungszeitpunkt sowie der Entwicklungsfreudigkeit seiner Rasse aussuchen. Fütterungsempfehlungen dienen der Orientierung und sind als Leitfaden anzusehen. Die eigenen Erfahrungen können jedoch durch keine Fütterungsempfehlung ersetzt werden.
Dipl.-Biol. Alfred Berger,
Muskator-Werke Düsseldorf
02.09.2004
Quelle: Mukator-Werke